Sei Solo

J.S.Bach: Sonaten und Partiten für Violine solo, BWV 1001-1006

G.Ph.Telemann: 12 Fantasien für Violine solo TWV 40:14-25

Thomas Pietsch wuchs in Potsdam-Sanssouci auf und erlernte das Violinspiel zunächst bei der Geigerin Lena von Bülow, seiner Großmutter. Als Fünfzehnjähriger kam er unter der Anleitung des Geigers Peter Liersch, dessen Sammlung historischer Streichinstrumente heute im Kloster Michalelstein (Harz) ausgestellt wird, mit der Barockvioline in Berührung, die er damals wie heute – also auch bei der hier vorliegenden Aufnahme – ohne die Hilfsmittel Schulterstütze und Kinnhalter spielt. Noch als Schüler begann Thomas Pietsch nebenher mit dem Viola da Gambaspiel, was er später im Consort zusammen mit dem damaligen Kantor der Hedwigskathedrale Berlin – Michael Witt – ausübte. In diese Zeit fallen auch seine ersten Unterweisungen auf der Orgel bei Johanna Schell. Auch während seines Violinstudiums an der Ost-Berliner Hanns Eisler – Hochschule konzertierte Thomas Pietsch bereits häufig mit Geigen verschiedener Stilrichtungen und Bauweisen.
Als er wegen des Boykotts der „Jugendweltfestspiele“ in Ost-Berlin exmatrikuliert wurde, nahm er ein Studium der Kirchenmusik in Dresden auf. Mit seinem damaligen Kommilitonen Ullrich Böhme, dem heutigen Thomasorganisten in Leipzig, konzertierte er während des Studiums mit einem Repertoire für Violine und Cembalo. Nach seiner Flucht aus der DDR ging Thomas Pietsch an die Hamburger Musikhochschule in die Klasse von Evelyn Distler und studierte im Nebenfach Viola da Gamba bei Ingrid Stampa. Noch während seines Studiums wurde er als Nachfolger von Eduard Melkus Konzertmeister der Camerata Accademica Hamburg, einem der ersten Orchester Deutschlands, das auf „Originalinstrumenten“ konzertierte.
1980 gründete Thomas Pietsch das Sanssouci-Ensemble Hamburg (heute: Jupiter-Ensemble Hamburg), mit dem er auch häufig unveröffentlichte Kammermusik des 17. und 18. Jahrhunderts aufführte. So wurde z.B. die Ersteinspielung der Sonaten 1681 von H.I.F. Biber eine von der Fachpresse hochgelobte CD. Weitere CD-Produktionen und Aufnahmen bei allen deutschen Rundfunkanstalten mit seinen Duo-Partnern Bob van Asperen (Cembalo), Richard Fuller (Hammerflügel) und seinem Ensemble sind das Ergebnis unzähliger Konzerte. Mit Edith Picht-Axenfeld (Hammerflügel) führte er die Sonaten von Schubert und Beethoven in mehreren Zyklen auf. In verschiedenen Phasen war Thomas Pietsch Mitglied des Ensembles Musica Antiqua Köln. Als Konzertmeister arbeitete er z.B. mit den Dirigenten Jürgen Jürgens oder Andrew Parrott zusammen und führte wie auch mit der von ihm gegründeten Cappella Filarmonica Hamburg große Oratorien und Opern auf. Besonders im Musikleben Hamburgs förderte Thomas Pietsch die große Tradition der Hansestadt im 17. und 18. Jahrhundert durch Aufführungen in kleinen und großen Besetzungen, so auch als Initiator des Festivals und Wettbewerbs für Cembalo, Clavichord und Hammerflügel in C. Ph. E. Bachs Todesjahr 1988. Einladungen zu vielen Festivals – z.B. Schleswig-Holstein Musikfestival, Göttinger Händelfestspiele, Greifswalder Bachwoche, Thüringer Bachwochen, Magdeburger Telemann-Tage, Bachtage Potsdam etc. folgt er regelmäßig. Konzertreisen führten ihn in nahezu alle europäischen Länder, in die USA, nach Argentinien und Israel. Seine Meisterkurse werden von Studenten vieler Länder besucht. Am Conservatorium in Frankfurt am Main leitet Thomas Pietsch seit 1990 eine Klasse für Barockvioline.