»Du mußt zehnmal besser sein als andere, wenn Du Erfolg haben willst.« Diesen Rat gab Mstislaw Rostropowitsch seinem Schüler David Geringas mit auf den Weg. Daß Geringas ihn auch in die Tat umsetzte, muß man angesichts seines künstlerischen Erfolges nicht weiter kommentieren. Daß der Weg dorthin aufgrund der politischen Verhältnisse in der ehemaligen Sowjetunion besonders steinig war, verleiht der kleinen ‘Lebenshilfe’ von Rostropowitsch eine tiefere Bedeutung.
Rostropowitsch wußte, wovon er sprach, hatte er doch die Denunziationen unter der stalinistischen Terrorherrschaft am eigenen Leibe erfahren müssen. Durch die Solidarität mit seinen Lehrern Dmitri Schostakowitsch und Sergej Prokofieff geriet er auf die ‘Schwarze Liste’ der Machthaber. Beide Komponisten gehörten der russischen Avantgarde an, die mit ihren experimentellen, atonalen Bestrebungen weit entfernt waren von der gewünschten ‘volksnahen’ Kunst. Die Sonate C-Dur op.119 von Prokofieff entstand im April 1948 – einer Zeit, in der der Komponist dem Druck des Regimes nachzugeben begann. Der einst provozierende Ton war zarten, kantablen Partien gewichen. Nach seinem Tod ergänzte Rostropowitsch, den ein inniges Vater-Sohn Verhältnis mit dem Komponisten verband, das unvollendete Werk. Nach der Ausreise von Rostropowitsch durfte sein Name in der ehemaligen Sowjetunion nicht einmal mehr erwähnt werden. Demonstrativ behielten David Geringas und Tatjana Schatz seine Humoreske op. 9 als ständiges Zugabenstück mit in ihrem Konzertrepertoire. Die überschwängliche Begeisterung des Publikums galt gleichermaßen dem politischen Mut wie der Virtuosität der Interpreten. 1974 verweigerte die sowjetische Regierung David Geringas den Auftritt bei den Tagen litauischer Musik in Moskau. Begründung: »Weil er nach dem Westen schielt.« Das Signal war eindeutig: In der Sowjetunion war an eine Fortsetzung der Karriere nicht mehr zu denken.
Die vorliegende CD ist eine Hommage an den Lehrer und Freund Mstislav Rostropowitsch. Sie erhält eine besondere Authentizität dadurch, daß die Interpreten die Werke in der Einflusssphäre der Komponisten erarbeitet haben. Sie ist aber auch Zeugnis gemeinsamer Erlebnisse, Bewältigung von Vergangenheit, an die David Geringas und Tatjana Schatz sich trotz aller Schwierigkeiten gern zurückerinnern.