Adrian Diaz Martinez, Horn – Ikuko Odai, Klavier – Ulrike Payer, Klavier
Mit Ihrer neuen CD MANU SCRIPTUM (aus dem Lateinischen: mit der Hand geschrieben) legen der spanische Hornist Adrián Díaz Martínez – seit 2021 Professor für Horn an der Musikhochschule Lübeck – und seine japanische Klavierpartnerin Ikuko Odai erneut ein spannendes Konzeptalbum vor. Inspiriert ist das Album von den Manuskripten der Komponisten und ihren ersten Skizzen und Ideen für ihre Werke. „Derart erste musikalische Einfälle zu interpretieren“ – so schreibt Díaz Martínez – „ist eine besonders spannende Aufgabe, weil man so der ursprünglichen Idee dieser Klänge nachspürt.“
Impulsgebend war dabei für Adrián Díaz Martínez insbesondere ein Satz von Robert Schumann – auf der CD mit der Originalfassung seines Adagio und Allegro op. 70 für Horn und Klavier vertreten: „Die erste Konzeption ist immer die natürlichste und beste. Der Verstand irrt, das Gefühl nicht.“
Um dieser ersten Entstehungsstufe von Musik so nahe wie möglich zu kommen, begaben sich Ikuko Odai und Adrián Díaz Martínez auf eine lange und intensive Suche nach Informationen über Manuskripte, alte Briefe, Bücher und Materialien, die oft in geheimen Schubladen aufbewahrt wurden: „Es war eine phantastische Reise. Und erwies sich zudem als wunderbares Geschenk, zu entdecken, wie die ausgewählten Komponisten – Charles Gounod, Robert Schumann, Richard Strauss und Volker David Kirchner – dachten, was und wie sie träumten, liebten und lebten.“, so Díaz Martínez.
Charles Gounods Sechs Melodien für Horn und Klavier, die für die Geschichte des Horns von besonderer Bedeutung sind, wurden für das cor à pistons – eine Weiterentwicklung des Naturhorns – geschrieben. In den Sechs Melodien, deren Noten zusammen mit vielen anderen Melodien für Gesang und Klavier in einer Pariser Buchhandlung entdeckt wurden, suchte Gounod nach einfachen Melodien, die das Horn jederzeit in einer für die Männerstimme typischen Tonhöhe spielen konnte.
Die erste Skizze für das auf der CD eingespielte Adagio und Allegro op. 70 für Horn und Klavier von Robert Schumann trägt noch den Titel Romanze und Allegro und stellte für die Interpreten eine große Herausforderung dar: „Die größte Schwierigkeit bei der Auseinandersetzung mit Schumanns Manuskripten war seine komplexe Persönlichkeit voller Ernsthaftigkeit, Zweifel und Mangel an Konformität. Wir empfanden es als äußerst schwierig und manchmal fast unmöglich zu erkennen, was seine ursprüngliche Idee für einige Stellen und sogar Harmonien war, da er sie durchgestrichen und immer wieder überarbeitet hatte. […] Hierbei seinem anfangs zitierten Credo zu folgen, war alles andere als eine leichte Aufgabe.“
Richard Strauss hatte von Kindheit an eine große Affinität und Liebe zum Horn, schließlich war sein Vater Franz Strauss selbst Hornist. Das erste Manuskript seines 2. Hornkonzerts, das Strauss für Horn und Klavier konzipierte, ist auf den 11. November 1942 datiert. Das Material befindet sich in Privatbesitz und ist bis heute weitgehend unbekannt geblieben. Die vorliegende Einspielung präsentiert die Interpretation der gesichteten Kopien des Manuskripts in einer Fassung für Horn und zwei Klaviere, so dass alle Noten, die der Komponist aufgeschrieben hat, zu hören sind.
Sein Werk Tre Poemi für Horn und Klavier schuf der Komponist Volker David Kirchner 1986 und 1987. In den drei Sätzen – Lamento d’Orfeo, Danza d’Orfeo und La Gondola funebre – verwendet Kirchner mit neuen Effekten, Klängen und Farben Techniken, wie sie im Repertoire für Horn und Klavier vorher noch nie aufgeführt wurden. Durch die Tre Poemi wird das Ensemble aus zwei Instrumenten gleichsam zu einem, da das eine vollständig vom anderen abhängig ist, um diese neue, dreidimensionale Klangwelt zu kreieren.