Thüringen Philharmonie Gotha, Leitung: Hermann Breuer Klaus Thunemann, Fagott – Annette Nötzoldt, Flöte
»Gotha, 29. März. In der vergangenen Nacht ist hier der einst in den weitesten Kreisen hochgefeierte Componist Ludwig Böhner nach einem wechselvollen Leben in hohem aber leider freudlosem Alter verstorben.« Mit dieser Notiz zeigte die Gothaische Zeitung Nr. 76 im Jahr 1860 den Tod einer der widersprüchlichsten deutschen Musikerpersönlichkeiten des 19. Jahrhunderts an. Und in der Tat lagen nur selten bei einem Künstler Genialität und Scharlatanerie so dicht beieinander wie bei dem 1787 in Töttelstädt geborenen und 1860 in Gotha gestorbenen Ludwig Böhner.
Nach dem Besuch des Gymnasiums in Erfurt und der Universität in Jena war Johann Ludwig Böhner als Musiklehrer in Gotha und als Musikdirektor in Nürnberg tätig, zumeist aber befand er sich auf ausgedehnten Konzertreisen, die ihn in wichtige deutsche bzw. europäische Musikzentren führten. Mit zunehmendem Verfall seiner Persönlichkeit – bedingt durch Krankheit, ungeordnete Lebensverhältnisse und ständig wechselnde Wohnsitze – grenzte sich sein Wirkungskreis mehr und mehr auf den Thüringer Raum ein. Er musizierte in kleinen und kleinsten Orten, oft lediglich zum Broterwerb. Wirkliche Anerkennung, beispielsweise durch den Gothaer Hof, blieb ihm allerdings immer versagt, wenngleich er später als der »Thüringer Mozart« in die Musikgeschichte eingehen sollte. Von Böhners zahlreichen Kompositionen sind vor allem die Frühwerke interessant und eigenwillig, namentlich die fünf Klavierkonzerte (1814 gab er ein vielbeachtetes Konzert im Leipziger Gewandhaus), einige Ouvertüren, die Oper Dreiherrenstein (1813). Aus dem Spätschaffen ragt lediglich die Große d-Moll-Sinfonie (1844) heraus. In den zwanziger Jahren beginnt der schöpferische Genius Böhners zu erlöschen, seine Kompositionen werden zunehmend anspruchsloser, bleiben hinter den talentvollen Proben des einst wie Beethoven berühmten jungen Künstlers weit zurück. Die Fantasie für Fagott und Orchester op.1 schrieb Böhner, damals Musikdirektor in Nürnberg, 1811 »auf Bestellung für den großen Fagottisten Kißner in der Meininger Kapelle«. Johannes Kißner sen. war Herzoglicher Kammermusikus und ein hochgeschätzter Virtuose auf seinem Instrument. Und ein Virtuose ist auch auf der vorliegenden Einspielung zu hören: Klaus Thunemann, einer der wenigen Fagott-Stars überhaupt.