Künstler

NDR Chor
Raschèr Saxophon Quartett
Philipp Ahmann, Dirigent

Genre

20. Jh. - 21. Jh. - Chormusik

Format

CD

Ausstattung

1 CD - Spielzeit 56:30 - Digipak - Booklet 36 Seiten - Text von Philipp Ahmann in Deutsch, Englisch, Französisch, Japanisch

Veröffentlichung

13.11.2020

Aufnahme-Details

Produktion:
24.- 27.6.2014 (1-6) & 14.10.2015 (7)
Rolf-Liebermann-Studio, Hamburg
Manager NDR Chor: Dr. Ilja Stephan
Tonmeister: Dirk Lüdemann
Toningenieur: Katja Zeidler, Udo Potratz
Schnitt, Mastering: Dirk Lüdemann

Katalognummer

ES 2081

EAN

4015372820817

nine(birds)here

In seiner Vielseitigkeit und Geschmeidigkeit der Ausdruckskraft ist das Saxophon der menschlichen Stimme am nächsten: so beweist es das vorliegende Album, welches der NDR Chor gemeinsam mit dem Raschèr Saxophone Quartett aufgenommen hat.
nine(birds)here vereint neben mehreren A-cappella-Stücken Werke für Chor und Saxophon, allesamt Erstveröffentlichungen, der Komponisten Ian Wilson und Ivan Moody. Beide 1964 geboren, komponieren sie stilistisch in sehr unterschiedlicher Weise. Während Wilson sich in seinem Schaffen vor allem durch die Musik und die Kunst der Moderne inspirieren ließ, sind Moodys Werke durch seine Zugehörigkeit zur orthodoxen Kirche und die Vorliebe für religiöse, mystische Themen geprägt.

Wilsons Komposition nine(birds)here, zwei kleine Stücke aus dem Jahr 1990, sind seine ersten Werke für Chor und die Vertonung zweier Gedichte des US-amerikanischen Dichters E. E. Cummings. Zwischen den beiden kleinen Gedichten, die Cummings mit mehr als 20 Jahren Abstand voneinander schuf, erkannte Wilson einen „effektiven verbindenden Kontrast […] mit ihrem jeweiligen Fokus auf Stillstand und Bewegung“. In nine(birds)here übersetzt er Cummings fantasievolle Textlayouts und punktuelle Unterbrechungen in seine eigene musikalische Sprache. So übernimmt er den fragmentarischen Charakter von Cummings Poesie in seine Musik.
Die Harmonik des folgenden Stücks I carry your heart – die Vertonung von E.E. Cummings bekanntem Liebesgedicht I carry your heart with me – ist opulenter und anspruchsvoller. Wilson komponierte es 2011 als Hochzeitsgeschenk für die Tochter eines befreundeten Ehepaars. Ist die Grundstimmung des Werkes eine zärtliche, liebevolle, so setzt Ian Wilson die emotionalen Ausbrüche der Liebe in plötzlichen Ausbrüchen in Dynamik, Agogik und Ambitus der Melodie um.
Den Eröffnungszeilen des Buches Die träumenden Knaben (1908/1917) des Wiener Expressionisten Oskar Kokoschka sind die Verse der Komposition Little red fish (2006) für gemischten Chor und Saxophon-Quartett entnommen: Das Buch entstand im Auftrag von Fritz Waerndorfer, Geldgeber der Wiener Werkstätte, als illustriertes Märchen für seine Kinder. Kokoschka machte daraus jedoch
ein Werk, welches Gewalt, Tod und den Verlust von Unschuld thematisiert, und widmete Die träumenden Knaben Gustav Klimt – dem Meister der Provokation des fin de siècle. Auch die Vertonung hält an der düsteren Atmosphäre des Textes fest, Wilson versteht es meisterhaft, das Alptraumhafte des Gedichts in Töne umzusetzen und die HörerInnen so in Kokoschkas bedrohliche Welt eintauchen zu lassen.

Mehr als Ian Wilson konzentriert sich Ivan Moody in seinen Kompositionen auf Textverständlichkeit, Melodik und Harmonik. Stille ist ein zentrales Element in vielen seiner Werke, Schweigen sieht Moody als eine „Heilige Stille“ an. In einem überwiegenden Teil seiner Werke bezieht er sich auf seine Religion.
Moons and Suns (2008) ist eine der wenigen Kompositionen, die nicht an einen sakrosankten Text angelehnt sind: Die Worte entstammen der 49. Rune des finnischen Nationalepos Kaleva aus dem 19. Jahrhundert in einer englischen Übersetzung von W. F. Kirby. Moody sieht im Text ein „Symbol für den Missbrauch der Ressourcen der Erde“, so beschäftigt sich das Werk mit ökologischen und nicht mit religiösen Fragestellungen. Die Saxophone geben dem Komponisten die Möglichkeit, illustrative Musik zu schreiben; durch den stetigen Wechsel der musikalischen Faktur zeichnet er mit ihr farbenreiche, archaisch anmutende Landschaften.
Häufig verarbeitet Moody in seinen Kompositionen Merkmale des byzantinischen Kirchengesangs in neuartiger Art und Weise und versucht, sie mit den Merkmalen westlicher Kunstmusik zu verbinden. Auch He who clothed himself with light (2005) orientiert sich melodisch und harmonisch am byzantinischen Gesang. Mit dieser Komposition vertont er eine der großen Hymnen der ortho-doxen Kirchen zur Karwoche.
Ebenso bezieht sich Ivan Moody im letzten Werk der vorliegenden CD, Aflame (2015), auf seine Religion. Eines der Kennzeichen des Stücks ist die Reduktion auf einen melodischen Kern – Moody gelingt es trotz einfacher Melodik, mittels simpler musikalischer Mittel und deren kontrastreicher Ausgestaltung Dramatik und Abwechslung zu schaffen.


I. Wilson: nine(birds)here - Zwei Stücke für gemischten Chor a cappella (1990)
1First Piece1:42
2Second Piece1:28
3I. Wilson: I carry your heart für gemischten Chor a cappella (2011)5:23
4I. Wilson: Little red fish für Saxophon Quartett und gemischten Chor (2006)12:23
5I. Moody: Moons and Suns für Saxophon Quartett und gemischten Chor (2008)20:27
6I. Moody: He who clothed himself with light für gemischten Chor a cappella (2004)8:06
7I. Moody: Aflame für gemischten Chor a cappella (2015)7:00

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