Helmut C. Jacobs, Akkordeon
»Am meisten bezauberte mich der großartige Anblick, als gegen Ende des Balls nach allgemeinem Händeklatschen zum Klang des Orchesters ein Paartanz begann, wie ich noch nie einen tolleren und interessanteren gesehen hatte. Es war ein Fandango, von dem ich eine Vorstellung zu haben glaubte; doch ich täuschte mich sehr. Ich hatte ihn nur in Italien und Frankreich auf dem Theater gesehen, wo die Tänzer nicht im entferntesten die Bewegungen der Spanier nachahmen, die diesen Tanz wirklich verführerisch machten. (…) Mir schien, als könne eine Frau, wenn sie mit einem Mann den Fandango hatte, ihm nichts mehr verweigern.« – Giacomo Casanova (1725-1798) aus »Histoire de ma vie«
Spanische Rhythmen, Leidenschaft, Tanz…! Die Vorläufer des Flamencos, der Fandango und der Bolero, sorgten schon in der Zeit zwischen 1750 und 1815 für reichlich Aufruhr. Den Akkordeonisten und Romanisten Helmut C. Jacobs ließen nach der ersten CD Fandangos von 2011 die Melodien und Rhythmen der Fandangos nicht mehr los. Er forschte weiter und fand noch weitere Werke, die bezeugen, dass beide Tänze sowohl in oft einfacheren Fassungen als auch in der Kunstmusik in ganz Europa Einzug gehalten hatten. Besonders wenn man Antonio Solers höchst virtuosen Fandango hört, kann man verstehen, wie Casanova zu seinen Eindrücken kam, die man schon damals von der Trance beim Tanzen dieser immer wiederkehrenden Melodien und Rhythmen haben konnte. Beide Tänze haben eine wunderbare Sog-Wirkung – wie eine kunstvoll improvisierte Technomusik des 18. Jahrhunderts. Die eingespielten Boleros sind repräsentativ für das 18. Jahrhundert, und es ist überraschend, wie wenig Gemeinsamkeiten sie mit dem berühmten Bolero von Maurice Ravel haben, dessen Bolero-Rhythmus in den frühen spanischen Boleros offensichtlich nicht vorhanden war. Außer den Fandangos von Antonio Soler und Johann Gottfried Pratsch sind alle übrigen Werke Ersteinspielungen. Bezogen auf ihre Realisierung auf dem Akkordeon sind dies aber auch die beiden erstgenannten Fandangos. Alle Stücke werden originalgetreu (ohne Veränderung der Tonhöhen und ihrer Struktur) auf einem zweimanualigen Einzeltonakkordeon mit chromatischen Knopftastaturen realisiert, auf dem auch das linke Manual mit fünf Fingern gespielt werden kann. In dem umfangreichen Booklet wird die europäische Erfolgsgeschichte des Boleros und Fandangos ausführlich und mit weiteren unterhaltsamen Zitaten beleuchtet.